Der 5. September 2010 um 8 Uhr morgens: Die Kameraden der FF Roßtal stellen sich zum Gruppenbild auf. Darunter auch Jürgen Wiesinger, lebensfroh wie man ihn kennt. Doch schon seit Tagen plagen ihn Schmerzen im Bein. Wenige Tage darauf die schreckliche Nachricht: Jürgen Wiesinger ist schwer erkrankt, die Diagnose: akute lymphatische Leukämie. Dieser Blutkrebs ist lebensbedrohlich, die Chemo- und Strahlentherapie wird sofort eingeleitet. Eine Welle der Hilfsbereitschaft
Ein Schock für Freunde, Feuerwehrkameraden und Arbeitskollegen. Schnell ist klar, dass etwas getan werden muss. Eine Knochenmarkspende könnte Jürgens Leben retten. Der Kontakt mit der DKMS, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, ist schnell hergestellt. Da etliche Gewebemerkmale von Spender und Empfänger übereinstimmen müssen, sind viele potentielle Spender nötig.
Alle sind sich einig: Es soll ein größeres "Event" werden, möglichst viele sollen kommen um ihr Blut testen zu lassen. Schon Mitte September laufen die Planungen und Vorbereitungen auf Hochtouren. Von allen Seiten aus Roßtal und Umgebung wird Hilfe angeboten, etliche Gewerbetreibende stellten Dienstleistungen und Waren kostenlos zur Verfügung. Ein Beispiel: Das Café-Pfiffer, Arbeitgeber von Jürgens Frau, kreiert leckere Jürgen-Kekse. Die Rathausmitarbeiter sorgen für Nachschub indem sie beim Backen helfen. Feuerwehrkameraden verpacken die Plätzchen in Folie. Insgesamt werden etwa 2000 der Plätzchen verkauft, der Erlös von 5000€ konnte somit an die DKMS gespendet werden.
Informations- und Rahmenprogramm
Um die Bevölkerung über die Aktion zu unterrichten gibt es Stände am Roßtaler Martinimarkt und am Ammerndorfer Herbstmarkt. Die Aktion wird auch weit über die Landkreisgrenzen publiziert. In Zeitungen und Flugblättern wurde mehrfach darüber berichtet. In Radio und Fernsehen wurden Sendungen ausgestrahlt. Während eines Bundesligaspiels des 1. FCN kamen Durchsagen im Stadion. Bei Facebook und auf vielen Internetseiten wurde darüber informiert, allein auf der Web-Präsenz der FF Roßtal gab es fast 3000 Zugriffe.Ein Highlight war sicher das Benefiz-Gospelkonzert von Oliver Schott mit seinem Golden Gospel Choir am Abend vor der Typisierungsaktion. Die St. Laurentius Kirche in Roßtal war voll, die Zuhörer waren begeistert. Der komplette Erlös aus den Eintrittskarten von 7563€ wurde gespendet.
1482 Spendenwillige ließen sich testen
Der Tag X: Am frühen Morgen des 21. November 2010 sind im Feuerwehrhof bereits Zelte aufgebaut. Die Fahrzeughalle der FF Roßtal wird hergerichtet, Tische und Stühle werden aufgestellt. Etwa 200 freiwillige Helfer stehen bereit. Kurz nach 10 Uhr fällt der Startschuss. Eigentlich eine halbe Stunde zu früh, doch etliche Spendenwillige warten bereits.Alles ist perfekt durchorganisiert. Jeder der sein Blut testen lassen möchte, muss zunächst zu einem der knapp 50 Datenerfasser. Dort werden die Personalien in ein Formular aufgenommen. Weiter gehts zur "Zwischenkontrolle", wo jeder freiwillig Geld für "seine" Typisierung spenden kann. In den dortigen Klarsichtboxen sammeln sich immer mehr Geldscheine. Bei den Blutabnehmern werden 5ml Blut abgenommen. Alle sind Profis, Krankenschwestern und -pfleger oder Arzthelferinnen. Ein Arzt ist immer zur Stelle und hat alles im Blick. Für alle Fälle hält das BRK Roßtal sogar einen Rettungswagen bereit.
Am Ende gibt der Spender sein Blutröhrchen mitsamt Datenzettel bei der Endkontrolle ab. Fertig! Etwa 10 Minuten dauert so ein Durchgang.
Prominente Unterstützung
Der erste Prominente der sich testen ließ war der Landrat des Lkr. Fürth, Matthias Dießl. Auch Sylke Otto, deutsche Rennrodelweltmeisterin und mehrfache Olympiasiegerin, gab etwas von ihrem Blut ab. Draußen auf dem Hof konnte ihr Schlitten begutachtet werden. Einige durften sogar eine ihrer Goldmedallien in die Hände nehmen. Weiteres Sportlerblut spendeten die Fußballspieler des 1. FCN Dieter Frey, Andreas Wolf und Christian Eigler. Ihr Motto: Rot-Schwarzes Blut für guten Zweck. Sie gaben im Anschluss Autogramme.Eine weitere überregional bekannte Persönlichkeit stattete ebenfalls einen Besuch ab: Der Pulzermärtl, bekannt vom Roßtaler Martinimarkt. Er sorgte für gute Stimmung und las den Kleinen im Jugendraum eine Geschichte vor und verteilte Spielzeugfiguren.
Für alle Gäste und Helfer stand ausreichend Verpflegung zur Verfügung. Fast alle 60 Kuchen, die von freiwilligen Helfern gebacken wurden, waren am Schluss verkauft. 900 Bratwurstweckla und 50 Kilo Leberkäs wurden gegessen. Der Getränkeverkauf der Handballer lief ebenfalls hervorragend - alle Einnahmen wurden selbstverständlich gespendet.
Danke an alle Beteiligten
Das Endergebnis kam um 17 Uhr: Insgesamt ließen 1482 Spendewillige ihr Blut testen! Die Einnahmen an Geldspenden der letzten Wochen bis zur Typisierung belaufen sich auf etwa 45.000€. Zur vollständigen Finanzierung der Aktion sind allerdings noch knapp 30 000 Euro notwendig. „Deswegen können wir weiter jede Spende gebrauchen“, meint Sabrina Grupp von der DKMS.Am Schluss bleibt nur noch eines zu sagen: Danke! Mehrere hundert Mithelfer aus nah und fern waren beteiligt. Weil so viele an der Aktion mitgeholfen haben ist es quasi unmöglich jedem Einzelnen zu Danken - ob nun als Helfer bzw. Blut- oder Geldspender.
Es wird noch eine Weile dauern, bis wir erfahren, ob ein passender Stammzellenspender für Jürgen dabei war. Schon jetzt ist jedoch sicher, dass auch andere, an Leukämie erkrankte Patienten, von der Aktion profitieren werden. Unter den knapp 1500 potentiellen Spendern befinden sich sicher einige, bei denen die Gewebemerkmale passen. Wir werden am Ball bleiben und Sie unterrichten, wenn wir etwas Neues erfahren.
Übrigens: Falls Sie noch nicht typisiert sind und sich auch noch testen lassen wollen, dann können Sie dies jederzeit daheim nachholen. Ganz einfach mit Wattestäbchen. Wie`s geht steht hier